Viel mehr Zeit floss in dieses Möbelstück als zunächst erwartet. Auch nachdem der Baukörper an sich fertig war, habe ich immer wieder Bastelzeit und letzte Addons in das Ding gesteckt. Ja, das war’s schon alles wert, denn ich bin der stolze Papa eines Tisches, der zwar an manchen Stellen nicht so hübsch ist und etwas zurückgeblieben, wenn man die Tische anderer Väter betrachtet, aber ich liebe ihn trotzdem, denn er ist von mir.
Vom schlechten Schreiner zum schlechten Elektriker.
Zunächst einmal war das Thema Sound an der Reihe – Licht war ja schon drin. Im Elektrobastlerfachmarkt der großen, bekannten Marke kann man stundenlang herumsuchen (was wohl wie zusammenpasst?) und letztendlich kehre ich von dieser Einkaufstour mit zwei kleinen Breitband-Einbaulautsprechern zurück und diversen Kabeln und Steckern. Ziel: aus dem Möbel läuft nur ein dünner Eurostecker und die ganze Schwachstromelektrik von Licht und Sound wird über einen USB-Ladestecker versorgt, der auch noch eine freie Buchse für das Smartphone des Spielleiters zur Verfügung stellt. Allerdings finde ich die Rolle mit Lautsprecherkabel, die seit 15 Jahren irgendwo in meinen Materialkisten schimmeln muss, nicht mehr, so dass ich für den nächsten Tag gleich Baumarkt einplanen muss, was sowieso auf der Agenda steht, weil ich eine Lochsäge für die Speaker besorgen muss, die die passende Größe hat.
Bei der Testinstallation der Komponenten überfällt mich gleich der nächste Schreck: Der kleine chinesische Bluetooth-Miniverstärker läuft gar nicht über USB sondern über einen fetten 12 Volt Euro-Stecker, der aber jetzt gar nicht mehr in das schlanke Verkabelungskonzept passt. Dem heiligen Sankt Tesla sei Dank gibt es über das Netz auch USB-Stecker, die mit passendem Aufsatz 12 Volt und steht-auf-dem-alten-Stecker-drauf Ampere liefern, so dass der Verstärker eigentlich den Unterschied gar nicht merken sollte. Auf „Bestellen“ klicken, nächster Morgen Baumarkt, große Lochsäge und Kabel kaufen.
Dicke Löcher bohren ist ein echtes Arschloch.
Das Sägen der Lautsprecherfassungen war ein Alptraum. Eventuell hätte man die vorher in ein LIEGENDES Brett bohren sollen, aber da hatte ich eben die passenden Durchmesser für die Speaker nicht. Bei wagrechtem Bohren verkantet sich die Lochsäge heftig bei der kleinsten Schräglage, auch wenn man sorgfältig mit einem normalen Spiralbohrer Führungslöcher gesetzt hat. Das gibt jedesmal einen heftigen, äußerst unangenehmen Schlag des Akkuschraubergriffs gegen das Handgelenk, so dass man das einfach nicht haben will, auch weil man Angst um seinen Tisch bekommt. Wenigstens bin ich so schlau, meine Riesenlöcher von zwei Seiten zu fräsen, so dass diesmal nicht viel ausreist. Als beide Löcher gebohrt sind und die Lautsprecher einigermaßen sitzen bin ich unendlich erleichtert, wenn auch schweißgebadet.
Erste positive Überraschung: Die beiden Minispeaker, die jeweils unter 10 Euro kosteten, haben einen ganz ordentlichen Klang, wenn sie erst mal im Holz sitzen. Schon bemerkenswert, was heutzutage kleine Lautsprecher so drauf haben. Negative Überraschung: Der Mini-Bluetooth-Verstärker spielt beim Aktivieren jedesmal einen unangenehm lauten Takt Harfengeklimper ab, der wohl dem durchschnittlichen Chinesen sagen soll: Ich bin an. Mir sagt er nur: Die Ohren tun weh. Und man kann diese Funktion weder abstellen, noch funktioniert in dem Moment der Lautstärkeregler. Shit. Aber deswegen nen anderen Verstärker kaufen und Mr. Wirtschaftssonderzone in den Müll zu kicken wäre auch nicht mehr zeitgemäß.
Dann kommt der Teil, der mir am meisten götterlästerliche Flucherei entlockt, und wer die vorherigen Bauberichte gelesen hat weiß: Das Fluchen kam schon ein paar Mal vor. Aber nichts war nervenzehrender als das saubere Verlegen der Kabel, besonders der Boxenkabel. Vor allem, weil das ein verf***** Gefummel mit winzigen Kabelklemmen und winzigen Schräubchen ist, und ich bin dann doch wohl mehr so der Grobmotoriker. Teilweise arbeite ich unter dem Tisch liegend, Hände über dem Kopf, immer die Angst im Nacken, dass mir der Akkuschrauber auf die Visage klatsch. Am Ende liegen die Kabel gar nicht so übel, zumindest auf den ersten Blick, aber es kostete mich mehr Nerven als die kompletten Holzarbeiten. Der Verstärker bekommt eine kleine Schiebehalterung aus Plastik-U-Profilen (Baumarkt), in die er sehr gut passt; Aux-Eingang und USB-Schnittstelle zeigen zum Spielleiter, so gehört sich das. Spontan entschließe ich mich vor den Speakerrücken und Kabeln aus dem Restholz noch ein Verblendungsbrett reinzubasteln, einfach weil ich Angst habe, wenn das Zeug offen unter der Tischplatte liegt. Irgendwann rammt sonst jemand in der Spielaufregung einen frisch gespitzten Bleistift von hinten in die Lautsprecher, und dann muss ich weinen und auf der Straße Hundewelpen durch die Luft treten, das will keiner, besser schnell eine Schutzvorrichtung hochziehen.

Erstaunlich lange kann man damit zubringen, eine zweite, ähnliche Halterung für die nicht ganz so gut passende USB-Buchse zu basteln. Verzweifelt lange. Zwei Konstruktionsideen scheitern an der
A. Mangelnden Existenz von tauglichen, kurzen Schrauben.
B. Mangelnden Existenz eines Klebstoffes in meinem Haushalt, der haltbar Plastik mit Holz verbindet; sowohl Holzleim, üblicher Haushaltskleber als auch ein Glasklebstoff versagen. Ja ich weiß, ihr kennt einen Spezialklebstoff, der das macht, aber an dem Nachmittag hatte ich den halt grad nicht da.
Die dritte Revision der Konstruktionsidee funktionierte dann, aber bis dahin hasse ich bereits diesen USB-Stecker gründlich und abgrundtief.
Drei mehrstündige Bastelsitzungen stecke ich in den Kabel-Licht-Ton-Klimbatsch. Am Ende habe ich, wenn ich den Sound ganz hochfahre, den Deckel über dem Kasten schließe und das LED-Band mit einem der fünf „blinke-extrem-wild-und-verrückt„-Knöpfe auf der Fernbedienung zum extrem wild und verrückt Blinken bringe, eine veritable Großraumdisko für Kakerlaken gebaut. Auch die Fernbedienung bekommt eine kleine Ablagerung, diesmal nicht aus U-Profilen sondern aus Sperrholzwinkelleisten aus-woher-wohl-Baumarkt. Aber mit Holz arbeitet es sich so viel schöner.
Danach ruht mein Projekt mehrere Wochen und ich verbringe Zeit in Frankreich und hinterm Nerddeich. Aber Anfang März will ich es endlich zu Ende bringen. Nur noch schnell ’ne Unterlage in den Kasten, damit die Kakerlaken nicht auf dem nackten Holz tanzen müssen, das geht sicher ganz fix, ein-zwei Stündchen oder so.
Inzwischen weiß ich, dass nichts, aber auch nichts schnell gehen wird.
Alleine die Wahl eines Materials kostet mich Ewigkeiten. In zwei Baumärkten durchstöbere ich Teppich-, Matten- und Folien-Abteilungen, denke eine ganze Weile über Kunstrasen-Teppich nach (Dankedankedanke, dass ich davon abkam – „Fußballtisch“), schwanke zwischen PVC und Hartschaum, stelle fest, dass es die meisten Sachen nicht in der notwendigen Breite meines Innenraumes gibt (64 cm, diese Zahl werde ich nie wieder vergessen). Am Ende ist alles zu dick oder zu dünn, zu weich oder zu hart.
Ich nehme letztendlich hellgrünes Kunstleder, das gibt es einigermaßen günstig in den Untiefen der elektronischen Bucht. Es kommt sehr flott bei mir an – toll. Damit ist es aber leider noch nicht getan. Obwohl ich mit der angestrengten Konzentration eines verunsicherten Bombenentschärfers extrem genau messe und so langsam und konzentriert meine Bleistift-Linie auf dem Material schneide wie nur möglich, passt die Matte eben doch nicht ganz exakt und es spickelt am Rand weiße Holzplatte heraus. Weiß der Deibel warum. Unschön.
Spontan entschließe ich mich seufzend den Übergang zwischen Matte und Kastenwand mit einer Leiste zu verblenden. Viertelrundstäbe gibt es ja im … BAUMARKT. Also losfahren, kaufen, weiß lackieren – gut, dass ich die zweite Lackdose noch habe. Wie klebe ich im nächsten Schritt die grüne Matte auf das Holz? Als ich vor fünf Jahren die Filzeinlage von Ur-Opas Protz-Schreibtisch erneuert habe, habe ich Knochenleim genommen, so wie damals der Schreiner im Jahr 1909 das auch gemacht hatte. Das hat gut funktioniert, von den Leimperlen habe ich noch über und ich mag so alte Techniken, auch wenn das Einweichen und Aufkochen des Leims aufwendiger ist, als ne weiße Tube aufzuschrauben. Außerdem kann ich bei Klebekatastrophen den Knochenleim wieder anwärmen und er löst sich.
(Allerdings hält Knochenleim das Kunstleder gar nicht so toll fest wie damals den Filz. Na ja)
Damit sehe ich das Ende des Projekts greifbar vor mir schweben. Nur noch die weiß lackierten Leisten zusägen und … Heiliger Sankt Gerung! Wie mache ich bei einem Viertelrunden Profil denn einen 45-Grad-Schnitt so dass es in den Ecken nahtlos passt?
Um ehrlich zu antworten: die Lösung habe ich nicht gefunden. Die Ecken sehen gar nicht gut aus und passen auch nur mit Gefeile. Für solche Aufgaben bin ich einfach zu dumm und lese lieber ein bisschen Nietzsche oder Kafka, das schafft mein Gehirn gerade noch so. Aber runde Leisten verbinden? Brainfuck. Egal, Endspurt ist Endspurt, die Leisten werden nur mit wenigen kurzen Schrauben fixiert, so dass man sie wieder leicht lösen kann wenn man an die Belagmatte will, außerdem müssen sie ja nix halten.

Was aber nun, fragt sich das Beamtenkind und der Schwabe tief in mir drin, was aber nun hat mich denn das günstige Selbstbauschnäppchen aus dem Werkzeugkoffer gekostet? Youtube ist voll von Videos mit Titeln wie: Du wirst es NICHT GLAUBEN! Genialer DIY-Gaming-Table für UNTER 200 EURO !!!! Ähmmm – glaubt’s tatsächlich nicht. Hier die wahre Wahrheit: Das Holz ist der kleinste Teil der Kosten.
- 08.10. Mini-Bluetooth-Verstärker 18,81 €
- 10.10. LED-Streifen 11,99 €
- 11.02. Rahmenbretter, Glattkantbretter, Leimholz 96,54 €
- 11.02. div. Schrauben, Schraubzwingen, Abdeckplane 93,05 €
- 12.02. Acryllack 1, Leimholz, Multiplexplatte 58,78 €
- 14.02. Acryllack 2, Filzgleiter 16,28 €
- 15.02. Holzleiste 5,58 €
- 17.02. Lautsprecher, Eurokabel, USB-Anschluss, etc. 34,44 €
- 18.02. Lochsäge, Kabelkanal, Lautsprecherkabel, etc. 40,42 €
- 24.02. USB-Kabel 12 V 8,69 €
- 03.03. Kunstleder 19,88 €
- 03.03. Winkelleisten 2,45 €
- 11.03 Modellbauleisten 9,54 €
416,45 €
Wenn man noch das Material bedenkt, das einfach bei mir so rumlag, dann kann man nochmal nen Hunni draufpacken. Wenn man dann noch meine Arbeitszeit mit dem Mindestlohn vergüten würde, dann … dann ist es immer noch ein SCHEISSGEILER TISCH, ALTER !111!
Aber am Ende … am Ende war Zeit und Geld tatsächlich völlig egal. Denn am Ende … am Ende stehe ich davor und weiß nicht genau, was ich machen soll, jetzt nachdem er wirklich-wirklich fertig-fertig ist, der Tisch. Dääääär Tischschschsch. Nochmal tanzen? Nochmal Whiskey saufen? Unentschlossen räume ich zuerst einmal Werkzeug und Müll weg. Und nu?
Ich nehme nach reiflicher Ratlosigkeit drei zwanzigseitige Würfel in die Hand, schüttele sie klackernd und lasse sie über die nagelneue grüne Matte rollen. Ein Geräusch wie aus dem Rollenspielerhimmel ertönt. Voll. Sonor. Nach (Kunst)Leder auf Holz.
5 – 17 – 17.
Ich weiß nicht, was die Zahlen mir sagen sollen. Aber wenn ich einstmals Richtung Himmel schwebe und nicht Richtung Hölle (Fluchen, Selbstverliebtheit, Misanthropie), dann will ich keine Engelsgesänge, keine Kristallschalenklänge und bitte, bitte keine Harfenakkorde von einer asiatischen Platine. Ich will dieses himmlische Klackern und dieses fette Abrollgeräusch. 1-1-1 und ab ins Paradies. 5 – 17 – 17: was will mir mein Tisch damit sagen?
Egal. Ich lächele zutiefst befriedigt dabei. Das Ding kann von der Bucket List.
Update 14.03., 17.10: Der verdammte Verstärker checkt es doch! Nach einigen Tests bemerkte ich immer wieder kurze Soundabbrüche, nur Sekundenbruchteile, aber störend. Dachte zuerst das Mini-Ding hätte einen Schaden. Mit dem Original-Netzkabel läuft er aber sauber durch. Irgendwie ist trotz gleicher technischer Angaben die Versorgung mit dem USB-Ersatzkabel nicht ganz ausreichend. Bitte setzen sie an dieser Stelle, einen verzweifelt heulenden Smiley ein, der mit den Füßen auf den Boden trommelt.
Doch nicht fertig. Umbauen. Anderes Kabel.
Scheiße.
Update, Update: OK, es liegt am USB-Ladeadapter, nicht am Kabel. Die meisten spucken bei 12 Volt nur 1,5 Ampere aus, protzen aber mit 2,5 Ampere Ausgangsleistung herum (aber halt nur bis 6 Volt, die gezogen werden. Muss man aber wissen). Und mit diversen anderen USB-Steckern im Haus verweigert mein Verstärker sogar ganz seine Dienste (obwohl die mir die selbe Leistung versprechen, die kleinen Cheater). Da habe ich noch einen guten Adapter erwischt. Es gibt offensichtlich beim bösen A einen USB Stecker der mit 60 Watt läuft und bei 12 Volt 3 Ampere pro Buchse ausspuckt. Kostet aber über 25 Euro.
Kennt sich hier jemand mit Elektro-Shit aus? Würde der mein Problem lösen? Kann so was an zu schwacher Stromstärke in Ampere liegen?
Ich brauch echt dringend Hilfe, mit meinem Tisch.
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