Als der Morgen dämmert klären sich die Dinge. Tatsächlich befindet sich rechterhand eine ziemlich große Picknickwiese unter Bäumen mit Kletterpark. Der Wald ist gar nicht so dicht. Und der Werwolf von Tarker Mills ist ein Rudel streunender Hunde. Sie sind gar nicht mal so bedrohlich. Im Lauf des Morgens sehe ich drei von Ihnen und der größte geht mir bis zum Knie. Sie sind sehr vorsichtig mit gegenüber, aber neugierig. Einer macht sich, als ich im Bus bin, über das draußen abgestellte Kochgeschirr vom gestrigen Abend her und leckt Öltropfen aus der Pfanne. Er tut mir leid und ich wünschte, ich hätte was Besseres für einen Hund dabei, als die Ausstattung eines reisenden Vegetariers,
Andererseits frage ich mich, welche Auswirkungen ein Hunderudel in einem Naturschutzgebiet hat. Es sind Jagdtiere und ich ahne, was ihre Anwesenheit für alle anderen bedeutet. Als ich mit Spülen fertig bin geht es auch hinter mir schon los. Hysterisches Gekläffe, gefolgt von panischem Gewinsel. Es hört sich an, wie ein Krieg. Zuerst vermute ich eine andere, den Hunden ebenbürtige Kraft des Waldes hinter dem Radau. Die Wiese neben der Straße ist derart umgepflügt, dass es geradezu „Wildschweinrudel“ schreit. Aber Wildschweine würden auch geräuschvoll kommunizieren, wenn sie sich mit Hunden schlägern würden. Haben sie einen Fuchs in die Enge getrieben?
Ich habe wenig Lust nachzusehen. Ich muss eine Entscheidung fällen, und die lautet: Noch mal Neapel oder weiter nach Süden? Wenn Neapel, wie?
Nicht mit dem Auto.
Die Neapolitaner nennen es „lustiges Chaos“, für alle anderen Autofahrer ist es ein Alptraum, wenn man die Regeln der Regelmissachtung in Neapel nicht kennt. Aber letztendlich warnen alle Seiten im Internet Martina aus Gütersloh davor, mit ihrem WoMo sich in den Stadtverkehr von Neapel zu begeben, weil sie ihn einfach nicht verstehen wird. Also mache ich diesen Fehler wohl besser erst mal nicht.
Schließlich fahre ich das Pariser Modell. Ich suche die letzte Station der brandneuen Metrolinie L6, in der Nähe davon einen großen Parkplatz im Industriegebiet und dann shuttele ich mich mit Pegasus an den Bahnhof und hole mir ein Ticket in die Innenstadt.
Denke ich.
Um es allen hier klar zu machen: Die neue, preisgekrönte Metro-Linie M-L6 ist nicht zu verwechseln mit der Vesuv-Bahn-Linie EAV-L6, die stündlich fährt und auch über eine Stunde vor sich hin zuckelt. bis sie in der Innenstadt ankommt. Auf der Haben-Seite: Am Bahnhof bimmelt eine Glocke vor der Einfahrt des Zuges; Der Führer hupt an jedem Bahnübergang – also oft. Es gibt sogar einen Schaffner an Bord. Eine Fahrt kostet 4 Euro. Zugfahren wie in der guten, alten Zeit.
Neapel selber ist … mek. Im Grunde ist es ein großer Moloch mit einer ziemlich hässlichen Mischung aus alter Substanz, zwischen die man moderne Bauten geklatscht hat. Von Dean Martins „Napoli“ aus den Songs ist wenig zu finden. Der Verkehr ist laut und stinkt. Die Läden in den Straßen sind die selben Ketten wie überall. Müll und Trümmer allenthalben, Highlights: Eine große Boje auf einer Wiese im Park, ein ausgebranntes Motorboot auf den Steinen der Hafenpromenade, eine umgerissene Zapfsäule neben dem Gehweg. Den besten Blick hat man im Hafen, solange man von der Stadt wegkuckt.

Auf dem Rückweg verpasse ich knapp meinen Zug und sitze eine Stunde auf dem Bahnsteig am Hauptbahnhof herum. Das wars für mich, ab nach Süden. Nun hocke ich irgendwo südlich von Salerno auf einem Berg und blicke mal wieder auf die Lichter im Tal.
Es wird Zeit, den alten Stiefel voll runter zu fahren.
