Ich erwache in der Dämmerung zum Geräusch des Piss auf meinem Blechdach. Stimmt nicht, schon seit kurz nach Mitternacht habe ich immer wieder missmutig den Dauerregen gehört und gehofft, dass es bis morgens vorbei ist. Ist es nicht.

Die Welt ist grau und nass.

Also gibts nur Instant-Kaffee im Bus, Strom ist gerade dicke auf der Batterie. Dazu Pumpernickel mit Camembert, der mir gerade den Kühlschrank schon heftig zustinkt. Der muss also schnell gefuttert werden. Im Regen Pegasus aufzuschnallen bessert meine Laune nicht.

Ich bin früh auf dem Weg nach Wien. Fahrt ereignislos, Wetter eklig, kleiner Stau, an einer Jausenstation geduscht. Vor Wien wird es trockener. Wien ist, wie alle Hauptstädte, für Camper ein schwieriges Pflaster. Keiner mag uns, schon gar nicht die Stadtverwaltung, und so erstreckt sich eine teure Kurzparkerzone quasi in einem 10 Kilometer-Radius um das Zentrum. Mein Stellplatz ist außerhalb an einem Park, durchaus schön, aber am Arsch der Welt. Mit den Öffis brauche ich eine Stunde bis zum Stephansplatz, das ist eine Geschwindigkeit von 10 km/h.

Wiens ÖPNV verströmt Stuttgart-Vibes.

Wien selber ist … ganz cool. Viel alte Bausubstanz und Pracht, viel Kunst. Alles verströmt ein bisschen den Geruch von Tod und Faschismus, aber vielleicht sind das auch einfach nur zwei dominierende Themen bei mir. An seinen besten Ecken verströmt Wien Berlin-Vibes, an seinen schlimmsten Operetten-Muff.

Das zweitere liegt am Stephansplatz vor.

Programmpunkt eins: Dom und Katakomben. Kostet beides je sieben Euro, was für den Dom völlig überzogen ist. Er ist ganz sicher bedeutsam, wirkt ein wenig vollgestopft und unsortiert, wie es halt so ein jahrhundertelanger Vielvölkerstaat hinterlässt. Aber es ist nicht die schönste Kirche, in der ich je stand. Die Katakomben hingegen – jede Menge Knochen, am spannendsten finde ich wieder die Leute, die mit den Resten ihrer Klamotten im Sarg liegen. Wir haben einen sehr launigen Führer mit tonnenweise morbiden Witzen über den Tod, so stellt man sich Wien vor. War sein Geld wert, der Mann.

Ja, so stellt man sich den Steffel vor. Wetter jetzt supi.

Programmpunkt zwei: Militärhistorisches Museum im Arsenal. Ein riesiger Gebäudekomplex, ein Gesamtkunstwerk, völlig unglaublich, wenn man bedenkt, dass es als Waffenlager gedacht war. Die Panzerhalle ist wie der Steffel: vollgerümpelt und eng. Und ewig weit weg vom Museum. Das Museum ist auch nicht gerade modern, aber hier bekommt man für seine 7 Euro echt viel präsentiert. Unter anderem das gesamte Attentat von Sarajewo, sammt Auto, Uniform und Blutspritzern. Das wollte ich schon lange mal sehen.

Zugang zum Arsenal. Hinter dem Tor gehts noch lange weiter.

Bis ich herauskomme dämmert es. Ich gönne mir noch einen Kaffee und mache mich dann auf die Rückreise. Eine Stunde lang, dann an der Endhaltestelle noch mal 15 Minuten die Waldstraße im Dunkeln hoch. Ich bin gerade in Gaspard, da fängt es wieder an zu Regnen, nachdem es sonst den ganzen Tag trocken war. Mann, wäre das ätzend gewesen, im Regen den Berg hochzutrappeln.

Aber ich kann ja auch mal Glück haben.

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