Schon blöd, wenn das Beitragsbild deutlich „Bialystok“ sagt, aber der Beitragstitel „Warschau.“ Aber ich habe kein aktuelles Bild aus letzterer Stadt und ihr müsst auch einfach mal die kognitive Disonanz aushalten.

Als ich erwache ist das Wetter viel besser, als angesagt. Nur kalt ist es geworden. Von Gaspards offener Tür aus beobachte ich ein faszinierendes Phänomen: Die von der Sonne angestrahlte Memel fließt nach links; Der darauf wabernde Nebeldampf zieht nach rechts.

Irrer Effekt

Eine Stunde später tanke ich kurz vor der Grenze noch einmal den Laden richtig voll, denn man spart 8-10 Cent pro Liter. Dann bin ich in Polen. Während beim Grenzübergang auf der Herfahrt großes Bohei mit Alkoholkontrolle war, ist diesmal keine Sau dan der Grenze. So langsam komme ich auf den Trichter, dass das alles nur sinnlose Symbolpolitik für bestimmte ältere Wählergruppen ist. Alleine die Personalkosten für konsequente und flächendeckende Grenzkontrollen wären albern hoch.

Jedenfalls zurück in Polen. Es herrscht wieder MEZ. Fast schon ein Gefühl von Heimat. Erster Stop: Bialystok, die Provinzhauptstadt. Kann man machen. Eine hübsche kleine Altstadt und ein wirkliches Barockjuwel: Das Schloss mit Figurengarten ist nun wirklich ein fantastisches Ensemble.

Barock gefällig?

Dann verschlägt es mich ins nächste Militärmuseum. Es ist billig: Mit Lehrerrabbatt komme ich unter zwei Euro rein. Vor mir ist eine Grundschulklasse unterwegs, ich schätze mal Dritte Klasse. Das Museum ist allerdings ziemlich unterirdisch. Die drei Räume sind zwar mit erkennbarer Liebe gestaltet, aber das Ganze ist eine Sammlung von Uniformen auf Puppen und Knarren in Vitrinen ohne größeren Zusammenhang. Wenigstens stehen die Figuren frei im Raum und man kann die Details der Klamotten quasi mit der Nase studieren.

Das hiesige Militärmuseum hat eine spezielle Pädagogik.

Irgendwann stehen die Kinder auf und singen die polnische Nationalhymne. Das heißt, ich nehme an es war die Hymne, ich würde sie nämlich nicht erkennen. Die Zwerge singen mit Inbrunst den ersten Vers, den zweiten wissen sie aber nicht gut und brechen ab, ich nehme (erneut) an , dass da seltsame altertümliche Begriffe oder altmodische Grammatik vorkommt. Die beiden Lehrerinnen helfen hinweg und am Ende klatschen alle.

Das ist zwischen süß und sehr gruslig.

Die Sonderausstellung besteht aus großformatigen Fotos patriotischer Tatoos und Erklärungen, warum ihre Träger sie so lieben. Die polnische Grundschulpädagogik ist irgendwie anders. Ich verlasse den Ort und suche mir eine Imbissbude.

Es ist gerade mal Mittagszeit und ich find in Bialystok nichts mehr Interessantes. Ich könnte noch weiterfahren. Zwischen hier und Krakau liegt ganz geschickt … Warschau. Warum eigentlich nicht?

Diesmal lande ich auf der rechten Seite der Weichsel in einem riesigen Einkaufszentren-Komplex. Parkplätze satt. Außerdem kann ich von hier die recht neue Warschauer U-Bahn nehmen, Pegasus lasse ich dem Knie zu liebe noch einmal in Ruhe. Die U-Bahn ist gut, sie fährt in einem sehr engen Takt, obwohl es nur zwei Linien gibt. Das Wahrschau auf der anderen Seite erinnert mich doch sehr an Berlin, auch wenn das Viertel eher heruntergekommen ist. Ich will zu einem Rollenspielladen, der sich aber als Tabletopladen entpuppt. Ich streune eine Stunde im Lokalkolorit herum, ein nettes Kaffee finde ich nicht.

Abends Kino in Polen – auf Englisch, wie schön, Polen synchronisiert nicht. Im Gegensatz zu Kaunas gibt es hier Bier, aber die Flasche wird dir vor dem Kinosal in einen Plastikbecher umgelehrt. Heißt das, dass sonst gerne mit leeren Glasflaschen nach schlechten Filmen geworfen wird? Heute nicht nötig: „Black Bag“ ist ein sehr guter Agentenfilm, der sich auf Beziehungen fokusiert, eine spannende Verschwörung konstruiert und einen hinreißenden Cast auffährt. Vor allem Michael Fassbender und Kate Blanchet sind eine wahre Freude.

Nachts dann noch raus auf einen riesigen Wiesenparkplatz an der Weichsel. Ich bin das einzige Fahrzeug.

War ein echt voller Tag.

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