Uii, heute war wieder ein wahnsinnig ereignisreicher Tag. Aber ein richtig guter. Zunächst erwache ich mit dem Plätschern des Bächleins neben dem Parkplatz. Der Himmel ist schon ziemlich blau, als ich meinen Kaffee schlürfe und die anderen liegen noch tief im Schlummer, als ich mich wieder auf die enge Straße durch den Nationalpark mache. Aber am Samstag morgen muss ich nun doch weniger Gegenverkehr handeln, gut so.
Erster halt: Eisenzeitlicher Menhir. Nix weiß man darüber, außer wann er ungefähr aufgestellt wurde, aber zu welchem Zweck? Keiner kann es sagen. Es muss aber eine ziemliche Arbeit gewesen sein. Heute steht er auf einer Schafweide und dient den Schafen wohl des öfteren als Schattenspender, wie die schlammige und verköddelte Erde um den Felsen zeigt.



Er trägts mit schweigender Würde.
Nächster Stop ist das Garwant Visitor Center des Bannau Brycheiniog National-Parks, das auch noch in tiefem Schlummer liegt – geöffnet erst ab 9.30. Also gehe ich auf eine kurze Wanderung zum nächsten Hügel, auf dem die reste eines eisenzeitlichen Forts zu sehen sein sollen. Die Landschaft ist unwirklich schön, sanfte Hügel mit dichten Farnwiesen, die Wege dazwischen aus saftig grünem, sehr kurt gehaltenen Gras, man geht quasi auf Moos zwischen Farnen. Die Wege werden von den Schafen freigehalten.
Überhaupt, die Schafe. Sie sind hier überall und damit meine ich wirklich überall. Immer wenn man kommt starren sie einen an, als wäre man der erste Mensch, den sie zu Gesicht kriegen. Ich vertrete inzwischen die Theorie, dass das auch genau so ist: Alle 128 Sekunden wird im Schaf die Datei „Defaultsheep1.0.exe“ neu gebootet, die alles auf 0 setzt und alle Erinnerungen des Schafes überschreibt. Also sind sie tatsächlich jedesmal stark verblüfft, wenn sie uns sehen. Darüber hinaus fliehen sie konsequent, wenn man sich Ihnen nähert, also nix mit wollige Schafe streicheln.
Oben auf dem Hügelfort hat man einen bombastischen Ausblick auf die tiefer liegende Landschaft und die schroffen Höhen auf der anderen Seite. Ich begegne einem älteren Herren, der mir den freundlichen Hinweis gibt, mich für weitere Wanderungen im Visitor Center zu erkundigen, denn man stoße hier sehr schnell auf Privatland der Farmer und da sollte man besser nicht hineinstolpern.
Ich nehme das an.
Zurück an dem sehr schönen und sehr großen Center mit Kaffeeterasse und Shop bekomme ich von zwei sehr netten älteren Damen Tipps für mögliche zwei bis drei Stunden Wanderungen und schon eine Stunde später klettere ich aus dem nächsten Wanderparkplatz und schlage mich einen weiteren Hügel hinauf. Mich erwarten verschiedene botanische Zonen. Erst Wald, dann schon die bekannten Farnwiesen, schließlich Heidekraut. Über mir kreist ein ziemlich großer Raubvogel (nicht permanent, ich scheine noch vom Aas ein bisschen entfernt), um mich herum glotzen und flüchten Schafe, die Sonne scheint, ein Windchen bläst, perfektes Wanderwetter.
Ziemlich zur Mittagspause komme ich am höchsten Punkt der Wanderroute an, gekennzeichnet durch einen hohen Steinhaufen, auf den ich auch ein Bröckelchen lege. Dann lasse ich mich im Heidelkraut nieder und vespere Käse, Brot und kleine Tomätchen, der Wind bläst kräftig, die Aussicht ist bombastisch. Ich lege mich in die Sonne und schließe ein bisschen die Augen. Ich trinke eine Dose Cola. Das Leben ist schön.

Beim Aufstehen stelle ich fest, dass ich die ganze Aktion auf einem beachtlichen Haufen Schafköttel durchgezogen habe, wenigstens schon gut durchgetrocknet. War ja klar.
Aber mehr Wales geht nicht.
Zwei Meilen und 30 Schafe weiter geht es wieder zum Parkplatz und ich sage Wales schweren Herzens lebewohl. Es war schon toll hier in der Natur. Aber ich muss mich weiter zurück nach Osten machen, viel Zeit bleibt mir nicht mehr in Britannien.
Am späten Nachmittag stelle ich dann Gaspard in Bristol ab. Bristol ist spannend. Portishead kommen hier her, Massive Attack auch, vermutlich Banksy und Walace und Gromit sind hier entstanden. Bristol gilt als absolute Kultur- und Muskikmetropole, überall trifft man auf Street-Art und Murals. Es gibt eine Unmenge an interessant wirkenden Pubs, die jetzt am Nachmittag schon dick besetzt sind. Aus einem dröhnt laute Musik, simpler Bluesrock. Ich gehe trotzdem rein und werde quasi instant von der Mucke umgefetzt. Ehrlich, ich war in den letzten Jahren auf einigen Punk-Konzerten und auch häufig vor lauten Bühnen, aber eine so ohrenbetäubend laute Band habe ich eventuell noch nie erlebt. Man kann an der Theke nicht einmal sich ins Ohr schreien, man muss in Zeichensprache bestellen.
In Bristol sehe ich aber auch wesentlich mehr Obdachlose und Junkies als in London oder in Brighton. Einige liegen mitten auf der Straße und schlafen oder sind weggetreten. Und einige Gruppen von trinkenden jungen Männern um die Pubs herum riechen förmlich nach Schlägerei, und das jetzt schon gegen sechs.
Das warte ich aber nicht mehr ab, ich schlage mich noch ein Stündchen nach Süden um die Küste zu erreichen. Der heutige Schlafplatz ist im Vergleich zu gestern sehr mittelmäßig. Leider ziemlich schräg und neben einer Bundesstraße, aber das Stellplätze finden war noch nirgendwo in Europa so schwierig wie hier, also nehme ich damit Vorlieb. Am Fuße des Hügels dröhnt gerade ein Rockfestival. Es ist ein Metal-Tribute-Band-Festival, das Lineup besteht nur aus Bands mit vage bekannten Namen, aber halt nicht ganz die bekannten Namen. Ihr wisst schon, nach dem Muster: Steel Maiden, Motorheaders, ACBC oder Dark Sabbath.
Für einen Moment spiele ich mit dem Gedanken hinzugehen, aber is halt alles leider Metal. Ich hoffe jetzt einfach mal, das geht nicht bis Nachts um drei.
Aber ich spamme euch mit Landschaftsfotos zu!



