Wie man Porto doch noch genießen kann. Eine Anleitung in vier Schritten
Erstens: Schlaf ein bisschen länger als sonst
Zweitens: Wasche dich.
Drittens: Wenn du es noch nicht getan hast, geh über diese verfluchte Brücke. Genieße das Panorama. Geh einmal in eine Richtung, dann dreh um und geh zurück. Verpiss dich danach schnell.
Viertens: Such dir einen Außenbezirk. Irgendeinen, nur nicht das Zentrum. Schritt vier kannst du dann die nächsten Tage beliebig wiederholen.
Porto ist wie Berlin: Solange du Mitte vermeidest, kannst du ne gute Zeit haben. Ich beschließe tatsächlich am 21.09.2024, der Stadt eine zweite Chance zu geben. Es war eine gute Entscheidung. Ich will noch einmal ans Meer und tuckere deshalb mit Gaspard (und Pegasus hinten dran, Yay!) in den Stadtteil Matosinhos im Westen. Es folgt: Eine Erlösung in fünf Kapiteln
Kapitel 1: Der Park.

Vor allem ist hier ein großer Parkplatz, aber hey, der Park ist schön. Auch wenn alles in dichten Nebel gehüllt ist. Ich kenne diesen portugiesischen Küstennebel, 2019 hatte ich eine schwierige Hafenansteuerung vor der nordportugiesischen Küste in dieser Suppe. Aber der Park wirkt im Nebel wie verzaubert. Es gibt freilaufende Hühner, fast ohne Scheu. Englische Landsschaftsgärtnerei, große Flächen mit Bäumen, ein Amphittheater. Dann rauscht dahinter das Meer.
Kapitel 2: Der Strand
Es ist Ebbe. Es ist Nebel. Es muss ein Surferhotspot sein, eine Gruppe Kinder macht mit einem Lehrer Trockenübungen im Dampf. Man sieht nicht weit und die nasse Sandfläche ist flach und riesig. Ich laufe mit nackten Füßen durch den feuchten Sand und hänge die Zehen in die kalte Brandungslinie. Die wenigen anderen Menschen hier sind undeutliche, verschwommene Gestalten. Der Nebel malt alles weich, er gleicht auch die Farben aneinander an und macht aus dem Strand eine mystische kleine Märchenwelt. Caspar David Friedrich hätte das gemalt. Heine gleich noch ein weiterens Meer-Gedicht geschrieben. Eine kleine Bar hat schon auf. Ich bin der einzige Gast.










Kapitel 3: Die Festung
In A Coruna hatte ich ja Glück mit frühneuzeitlichem Gemäuer. Diese Küstenfestung ist noch viel kleiner, jedenfalls so weit der Nebel diesen Vergleich zulässt. Sie gehört den Portugiesischen Kommandos, wohl so eine Art Elitetruppe. Der ältere Herr am Eingang schaut überrascht auf und verlangt von mir 50 Cent Eintritt. Die Ausstellung besteht aus einem Raum mit viel Commando-Klimbim und ein paar Waffen. Einige seltene leichte Maschinengewehre, die ich nur aus Battlefield 1 kenne, aber noch nie in real gesehen habe. Es gibt eine Dachterasse mit rostnarbigen Kanonen und einem sicherlich tollen Blick auf das Meer (wenn man Sicht hat) und die hohen Wellen für die Surfer*Innen. Der Nebel verbirgt das meiste.
Kapitel 4: Der Fischereihafen
Fisch, Fisch, Fisch. Eine Konservenfabrik reiht sich an die nächste. Hier stinkt es überall nach dem Tagesfang. Ich habe diese Fischesserei nie verstanden, ich finde, das Tier riecht eigentlich immer vergammelt. Riesige Markthalle. Egal, es ist ein authentischer Ort, nicht so wie Walt-Porto-World im Zentrum.
Kapitel 5: Das Militärmuseum
30 Minuten mit der Metro ans andere Ende der Stadt. Der junge Soldat am Eingang will drei Euro. Im ersten Stock Waffen, Uniformen und Memorabilia aus drei Jahrhunderten. Alles sehr verstaubt, aber man lernt tatsächlich ein bisschen was über portugiesische Geschichte. Zweiter Stock: Eine riesige Sammlung historischer Zinnfiguren, aus der Zeit, als Zinnfiguren beliebte Jungen-Spielzeuge waren. Das Museum hat alle bekannten Zinnfigurenmarken der Jahrhundertwende vereint und zu lackierten Miniarmeen der verschiedenen Hersteller unter Glas gestellt. Alle sind hübsch bemalt, es müssen viele 10.000 sein, die in fünf großen Räumen thematisch sortiert herumstehen. Ich finde die Zinnfiguren spannender, als ich gedacht habe. Eine Halle mit Kanonen, Knarren und vorindustriellen Blankwaffen und einem kleinen Panzer. Portugals Engagement im Ersten Weltkrieg. OK. Nix besonderes, aber für drei Eier? Kann man machen.
Danach bin ich fertig mit Porto, ich fahre zu Gaspard und düse raus, will schon mal einen Teil der Strecke bis nach Leon zurücklegen. Mein Ziel: Heute Nacht am Arsch der Welt! Jetzt sitze ich mutterseelenalein in den stockdunklen Bergen an der Grenze. Spanien ist 3,5 Kilometer entfernt, ich könnte hinlaufen. Der riesige Parkplatz gehört anscheinend zu einem Kloster, das einen Kilometer weiter hinter dem nächsten Hügel liegt. Hier ist gar niemand, außer ich hier in Gaspard.
Geil.

Puh. Das liest sich schon entspannter! Eine schöne Rückreise wünsche ich dir! Ich bin tatsächlich neidisch, nach 2 Wochen Schule ist das aber auch leicht… Ich wäre vielleicht sogar auf den alten Mann im Museum neidisch…
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