* Eigentlich erst Teil 4 aber irgendwie ist der Fehler amüsant …

I. Es beginnt (11.02.2020)

Ich habe es begonnen. Ich neige ja dazu, bei großen Plänen die Verwirklichung hinauszuzögern, denn dann kann ich ja nicht scheitern, wenn ich erst gar nicht damit anfange. Logik verstanden? Aber in einem Anfall von Frust über die neuesten Nachrichten aus dem Berufsalltag sagte ich mir am Montag Abend: Jetzt oder nie! Was kannst du schon verlieren außer ein paar hundert Euro? Oder einem Finger?

Nein, hier wird nicht Schweinchen Dick geschlachtet. Aber man könnte.

Jetzt sieht mein Wohnzimmer ein wenig aus wie ein Set aus einer Netflix-Serie, in der es um einen kranken Massenmörder geht, der total skilled darin ist, dass die CSI garantiert keine Blutspritzer auf seinem Rauhputz findet. Alles ist mit Folie abgedeckt und an die Wand geschoben, in der Mitte ist die Arbeitsfläche. Natürlich war doch mehr Gewebefolie notwendig, als mir die verdammten Franzosen gelassen haben, als sie 2017 auf dem Epic Empire einfach meine Zeltbodenfolie zwischen ihren französischen Hochglanzrüstungskrams stopften und böse kichernd mit einem Baguette im Mund gen Westen zogen. Mögen Streiks eure Wege hemmen.

Der eingepasste Rahmen in diese genialen … Dings-Schraub-zwingen. Die mit dem Fachnamen. Die den rechten Winkel machen.

Also habe ich den Nachmittag im Baumarkt verbracht. Ein Baumarkt ist ein Raum-Zeit-Phänomen, das selbst bei guter Vorbereitung Lebensdauer frisst. Alleine die Aufgabe, die ganzen Balken- und Rahmengrößen, die ich mir notiert hatte in den Regalen wiederzufinden, benötigt, Ruhe, Muse und den Suchwillen eines völlig resignierten Trüffelschweins. Dem Gott der Sägewerke sei Dank gab es noch alle Maße, wie sehr hätte es mich angekotzt noch einmal zurück an den Zeichentisch zu kehren! Nur die Auflagenlatten an der Seite im Querschnitt 1,7 x 1 cm schienen mir beim zweiten Blick zu zerbrechlich, ich bin auf 2 x 2 ausgewichen. Ist jetzt schon jemand gelangweilt?

Die Verbindung: Zwei Spaxe, ein Dübel und Leim.

Die Königsaufgabe für einen Hobbyschreiner ist aber definitiv der Holzzuschnitt. Man weiß nie, was passiert, wenn man auf den großen, roten „Im-Falle,-dass-hier-grad-keiner-ist“ – Knopf drückt. Kommt einer? Kommt keiner? Wie lange warte ich, bis ich es wage, noch einmal zu drücken? Es gibt am Holz-Zuschnitts-Counter genau zwei Möglichkeiten: Entweder man läuft hin und es ist keiner da oder es ist einer da und sägt die nächsten 30 Minuten Bauklötzchen für eine andere Kund*in.

Wenn (falls) dann einer kommt, beginnt die Phase 2: Bloß nicht unprofessionell wirken. Du bist im Grunde ja ein windiger Geisteswissenschaftler, wenn man nicht aufpasst wie ein Luchs, dann nimmt der Mensch vom Holzzuschnitt im Baumarkt dich nicht ernst. Er nimmt mich ernst, weiß bloß gerade nicht, wo der Schreiner steckt, im Grunde könne auch er das machen, aber bei so viel Schnitt und er habe in sechs Minuten Pause. Aber er garantiere mir, wenn ich alles da lasse, dann sei es um drei Uhr gesägt.

Ein Lob für meinen tollen Bauplan habe ich nicht erhalten.

Macht ja nix, ich kann mich auch noch mit dem Kauf der anderen Dinge auf der Liste beschäftigen, vor allem in die Auswahl von Schrauben kann man Stunden versenken. Das ist nicht mal als Witz gemeint, es gibt nix Frustrierenderes, als im Bauprozess festzustellen, dass jetzt gerade die Schraube, die man hat, nicht lang genug ist. Oder am anderen Ende aus dem Holz guckt.

Das grundlegende Ergebnis des Tages. Man erahnt die Konstruktion.

100 Euro Schrauben, 60 Minuten und eine Tüte Holzdübel später (Na gut, zwei neue Schraubzwingen, Bohrer und eine Schutzbrille waren auch noch dabei ) stehe ich wieder am Holzzuschnitt, und siehe da: es wird gearbeitet. Sogar zu zweit. Mein Holz steht halb gesägt auf dem Wagen, offensichtlich wurde der mir zugeordnete Arbeitsprozess unterbrochen, um der jüngeren und hübscheren Studentin mit dem Schrankeinlegebodenproblem zu helfen. Nicht schlimm, ich kann mich ja bemerkbar machen. Offensichtlich lernt alter, weißhaariger Holzschnittmann jungen schwarzbärtigen Holzschnittmann ein, bei der Studentin versägt er sich gleich mal, gottseidank zu lang und nicht zu kurz. Man werde sich gleich um mich kümmern. Ich bin sehr gespannt, ob meine Maße stimmen

Oh Wunder, meine Maße, sie wurden richtig gesägt. Nach 15 Minuten sitze ich in einem Auto voll Holz, sogar der Kofferraum geht noch zu, wenn die längste Latte gerade mal 220 cm misst. Und wer jetzt lacht, gehört in die siebte Klasse.

Nachmittags. Geographie. Bei 32 Grad im Juli.

Jetzt steht in meinem Wohnzimmer das fertig geleimte und geschraubte Grundgestell, sozusagen der Tischkasten und es ging bis jetzt ganz ordentlich, ohne Schreikrampf. Ich habe ja auch brav alles drei Mal gemessen, bevor ich geleimt habe. Morgen kommen Leisten und Seitenauflagen dazu, dann ist es schon fast ein Tisch.

Handschriftlich „f“ heißt „Fehlt – du Depp!“

Probleme:

  1. Die Holzdübel, die ich gekauft habe, sind zu fett. Ich muss morgen schmalere auftreiben.
  2. Ich habe immer noch keine Bodenplatte. Eigentlich bin ich jetzt im Kopf bei einer dickeren Sperrholzplatte, aber der Baumarkt um die Ecke hatte keine geschickte Größe für mich. Morgen fahre ich mal zum übernächsten und suche da.
  3. Die beiden „Regalbretter“ unter den schmalen Enden waren nicht im Kauf des Rohmaterials eingeplant und der Chef vom Lehrling hat sie auch wie heimlich abgesprochen gar nicht gesägt. Die fehlen mir also, muss ich morgen besorgen.
  4. Natürlich sind die Rahmenbretter doch nicht ganz gerade, obwohl ich über ihre gesamte Länge intensiv gelinst habe, als wäre ich ein schwedischer Musketier, der einen spanischen Kürasier am Horizont erspät. Dummerweise ist eines über die kurze Länge leicht gebogen – wer rechnet mit so was. Bis jetzt macht das nix, aber ich denke, die Beine wirklich gerade reinzuschrauben wird dann wohl der knifflige Part.

Alles in allem war heute kein schlechter Tag. Morgen kaufe, bastle und schreibe ich weiter.

Mit oder ohne Fingerverlust. So viel ist sicher.

II. Es nimmt Gestalt an (12.02.2020)

Dauerte bemerkenswert lange: Die innere und äußere Auflage-Leiste. Schraubzwingen haben sich seit den 80ern sehr entwickelt.

Heute noch ein Gang in den Baumarkt, und ich fürchte, das war nicht der letzte. Aber jetzt habe ich eine passende, durchgängig Bodenplatte für den Tischkasten und diesmal wurde ich sogar beim Zuschnitt hervorragend beraten. Wenn du es schaffst, einem 24-jährigen Schreiner zu erklären, was ein „Gaming-Table“ ist, dann kannst du vermutlich so gut wie alles vermitteln. Aber wir kamen beide zu dem Schluss, das 7 Millimeter Multiplex den Job machen.

Nächste Änderung: Die Füße will ich nun mit Schloss-schrauben an den Rahmen schrauben, so dass sie im Fall der Fälle abgebaut werden können, was den Tisch viel handlicher macht. Auch die fehlenden Ablagebretter unter den schmalen Enden habe ich organisieren können. Jetzt sind alle Holzteile im Wohnzimmer, Etappensieg, Yay.

Die Nadelleiste, die später die „Deckel“ trägt, ist hübsch. Der Rest ist … ok …

Bis ich zurück war aus der Welt der Schrauben ging es auf Viertel 12, der Rest vom Tag ging (mit einem Päuschen) drauf, die Leisten und Auflagen für die Oberfläche möglichst gerade und bündig anzubringen. Resultat: teilweise gelungen. Leider hat sich meine Hoffnung, dass die Kreissäge noch den Milimeter wegnimmt, den ich brauche, damit es nicht klemmt, nicht erfüllt. Nachdem die Seitenauflagen dran waren, stellte ich fest, dass die Abdeckplatten nicht ganz passen und ich beschäftigte mich mit schleifen, schleifen, schleifen. Da musste Material weg.

Jetzt passen sie.

Die Seitenauflagen sind dran – wirkt noch komisch.

Allerdings ist mir eingefallen, dass da auch noch eine dünne Schicht Farbe draufkommt, und deshalb schleife ich morgen früh noch mal zwei Millimeter runter. Ich habe mich jetzt für Weiß, seidenmatt entschieden, weil es fast zu allem passt und meine Essecke tendenziell sowieso etwas dunkel ist. Das Probestück trocknet in der Küche, mit Lacken habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, sie versprechen auf der Dose vollmundig viel. Und sind teuer.

So sieht’s schon besser aus. Im Hintergrund das Werkzeug des Tages: billiger, kleiner Schleifer.

Auch die festen Oberbretter an den Tischenden habe ich vorbereitet, ich möchte sie zunächst nur mit Dübeln lose aufsetzen, damit ich noch an Lichtinstallation und Soundsystemchen von oben offen arbeiten kann. Danach wird final geleimt und gespaxt.

Morgen werden die Deckbretter fertig eingepasst und dann kann der Unterboden aufgesetzt werden. Eigentlich kann ich ab da Lackieren, wenn die Farbe passt. Dann kommen die Füße ran und wir können es Tisch nennen.

Insgesamt bin ich zufrieden. Tatsächlich.

Probleme:

Die Zwerge, sie haben zu tief gebohrt: Verzweifelter Reparaturversuch am Rande des Möglichen. Ein Balrog wär schlimmer.

Na ja, die zu eng geplanten Bretter habe ich erwähnt. Auch die Oberfläche wird nicht milimeterplan werden, aber ich bin ja kein Schreiner, sondern Deutschlehrer. Größter Fauxpas: Beim Dübellöcher in den Rahmen Bohren habe ich eines zu randnah gesetzt. so dass das Rahmenbrett an der Seite ausgerissen ist. Ärgerlich. Da die Fläche nachher im Ablagekasten verschwindet, wäre es nicht so schlimm, ich bin jetzt mal mit Leim und Schraubzwinge rangegangen, vielleicht hält’s ja irgendwie.

Erfolge

Der Plan scheint aufzugehen. Aus zwei Meter Entfernung sieht es nicht mal so scheiße aus. Und nach Gaming-Table. Und er ist viel leichter als befürchtet, noch kann ich das Teil problemlos wuchten.

Ach ja, und ich muss noch entscheiden, was für eine Matte ins Innere kommt. Aus Erfahrungsberichten wurde mir gemeldet, dass es ohne Matte schwierig wird, kleine Tokens und Karten vom Holz hochzuknibbeln. Also Unterlage. Grün?

Jetzt habe ich Hunger wie ein Holzwurm und tatsächlich Muskelkater vom Holz herumschleppen. Erstaunlich, wie körperlich die Sache dann doch in der Realisierung ist.

Morgen geht’s weiter. Juhu, mehr Sägemehl.

III. Es ist … weiß (13.02.2020)

Alles was ein Spielleiter braucht: Ein Brettchen unter der Platte, auf das kein Spieler guckt.

Einmal mehr tun mir Schultern und Rückenmuskeln weh und ich habe schon wieder Hunger wie eine Markomannen-Horde. Heute war der Tag an dem die Dinge an die passende Stelle fielen / fallen sollten. Ergebnis: gemischte Gefühle.

Um die Katze aus dem Sack zu lassen: Eine der inneren Auflageleisten ist gar nicht gerade sondern etwa auf 80 cm. länge 2,5 Milimeter zu niedrig am Ende. Das hat mit zwei unterschiedlichen Fluchten zu tun, wenn die Balken angeschrägte Kanten haben. Alle anderen sind (einigermaßen) gerade, was dazu führt, dass zwei Platten an einer Ecke abstehen und wackeln. Ärgerlich. Denn Dummerweise habe ich gleich drauf los geleimt, so dass meine Nadel-Leiste jetzt Bombenfest sitzt. Ich denke jetzt daran, die fehlenden Milimeter an der Ecke mit Klebefilzchen zu unterfüttern, aber schön ist das nicht.

So sieht das Oberteil „en nature“ aus. Nice.

Zu den Dingen, die funktioniert haben: Die Ablagebrettchen für Würfel und Geheimmaterial an den Kopfenden sind drin und schön geworden. Auch hier gab es einen krumm angerissenen Strich, so dass für einen Fuß ein „Muggaseggele“ zu wenig Platz übrig war (7,4 cm braucht er, dass weiß ich sogar jeztzt am Rechner auswendig), aber mit einer Feile und 10 Minuten Gefluche konnte man das bereinigen. Einer der größten Irrtümer der Sozialpädagogik ist, dass Gewalt keine Lösung wäre.

Gewalt ist eine Lösung.

Neu: Jetzt kann gefingert werden.

Auch geschliffen habe ich morgens noch mal wie blöd, um die knappe Passung der Abdeckplatten zu optimieren, ich kann das Geräusch des Schleifers nicht mehr hören.

Ansonsten wurden Grifflöcher für die „Deckel“ gebort, in schöner Fingerdicke mit dem Forstnerbohrer, so dass man nun sich die Tischplatten mit dem Zeigefinger angeln kann. Der geniale Plan, alle vier Platten aufeinander zu packen, mit Schraubzwingen zu kompressieren und dann auf einmal zu bohren war semi-erfolgreich, denn ein wenig ausgerissen ist die Unterseite der großen Löcher trotzdem. Es geht so.

Bei der ganzen Schleiferei ist noch ein Astloch zerbrochen und herausgefallen – direkt an der Oberfläche. Hässliches, zackiges Loch, kaum zu verbessern. Das Internet schlägt Holzspachtelmasse vor, ich habe aber gerade keine da und mache das Loch mit der Heißklebepistole zu. Ausgebildete Schreiner bekommen an dieser Stelle einen Schreikrampf und hoffentlich stellt nie jemand eine heiße Teetasse drauf. Ach ja: das geklebte Dübelloch von gestern hält bis jetzt, man kann auch mal Glück haben.

Nicht schön, aber sofort zu erledigen: Heißkleb im Astloch.

Hauptarbeit ab dem Spätnachmittag war das Glattschleifen der Oberflächenteile, erst mit grobem, dann mit 220er Papier, bis alles schön glatt war. Der Lack ist wasserbasiert und trocknet rasend schnell. Allerdings hat mich das erste Ergebnis zunächst zu einem Wutschrei getrieben, denn nach dem Trocknen waren meine superglatten Holzflächen plötzlich wieder rauh wie meine Fresse mit 10-Tage-Bart (das entspricht einem Dreitage-Bart bei Leuten mit gutem Bartwuchs). Aber ein zweiter Schleifdurchgang mit Überstrich behob das Problem (grob, fein, Pinsel) und führte zu schön glatten, weißen Flächen, die aber einen Ticken Holzmaserung noch Durchschimmern lassen. Das gefällt mir.

Tada: Jetzt ist alles weiß. Und ich bin mir bei meiner Entscheidung für diese Farbe (?) sicher.

Aber es kostet auch Zeit und Farbe, und es sieht so aus, als würde der ursprünglich gekaufte Pot nicht ganz reichen, aber wenn ich jetzt losziehe und noch mal einen kaufe, dann bleibt davon wieder der Großteil über. Ein innerer Konflikt dramatischen Ausmaßes, den ich morgen entscheiden werde.

Jetzt ist die Oberseite und die meisten Wände schön weiß, morgen drehe ich den Kasten einmal und pinsele den Rest. Dann kommen die Füße ran (wie bohre ich die Löcher, wie krieg ich alles gerade …) und dann …

… dann ist es ein Tisch.

Pro:

  • weiß und glatt
  • Ich find das Ergebnis hübsch

Contra:

  • die Deckel liegen nicht gerade. Fuckfuckfuck!

IV: Es ist … It’s alive! (16.02.2020)

Der zentrale Tischkasten (Kopfüber), fertig lackiert. Endstand Freitag.

Ich habe einige Tage nicht weiter geschrieben, nicht weil Katastrophen passiert wären (Na ja, keine, die mich vom Schreiben abhalten würden), sondern weil die Tage rappelvoll waren: Tagsüber am Tisch werkeln und versuchen die neue Season in Battlefield durchzuzocken, Abends an der ganz wundervollen Bar im KKT Getränke und flotte Sprüche verteilen. Dazwischen immer eine Stunde, um mich mit Essen, Dusche, Frisur und ordentlicher Kleidung vom zersausten, farbverschmierten, bohrmehlverseuchten Schleifklotzschlumpf in etwas zu verwandeln, das vor die Haustür kann.

Jetzt ist es Sonntag und ich mache etwas, was ich noch nie getan habe: Ich trinke um 11:42 einen altmodischen Whiskey on the Rocks, um das Datum und den Zeitpunkt zu feiern. Alle poshen Whiskeyhipster können sich heute ihre kleinliche Meinung zu Eiswürfeln in Glenfiddich in die schmierige Tolle ranzen, denn der Tag heute ist mir ein Sonntag, der Tag, an dem ich sagen kann:

Der Tisch ist fertig. Grundsätzlich.

Es ward Licht: Immer noch kopfüber mit installierter LED-Beleuchtung.

Aber es hat viel länger gedauert, als ich dachte. Was ich nicht mehr sehen kann sind Lacknasen, die haben bei mir inzwischen die selbe Wertigkeit wie Arschnasen, von beiden gibt es zu viele auf der Welt. Man kann noch so sorgfältig pinseln und abstreichen, kaum kuckst du auf den Tisch aus einer anderen Perspektive, entdeckst du die hässlichen kleinen Anstrich-Akne und greifst entnervt zum Schleifpapier.

Apropos Schleifstaub und Bohrmehl: das Zeug verteilt sich wie Giftgas in der gesamten Wohnung. Man schleppt es an den Socken und Hausschlappen mit rum. Sobald das Werkzeug, die Folie und der alte Tisch weg ist, muss ich an eine große Grundreinigung. Ich hasse Putzen, aber diesmal ist es die Sache wert.

Natürlich war ich nochmal im Baumarkt … Zwei Mal.

Der große Moment: „Hochzeit“ zwischen Baukörper und Beinen, auch die Platte liegt schon auf.

Zuerst um mehr Farbe zu kaufen, und auch die zweite Dose ist zu Dreivierteln leer. Nicht auszudenken, wenn ich mit klassischem Lack gearbeitet hätte, der erst nach Stunden staubtrocken ist. Auf die Oberfläche habe ich doch noch Klarlack aufgebracht (stand noch im Keller rum), nicht nur wegen des Glanzes, sondern auch um das Ganze ein wenig resistenter gegen Glenfiddich-Flecken oder totgeschlagene Stechmücken zu machen. Jetzt habe ich auch die sehr stabil sitzende Bodenplatte geweißelt, Farbe hatte ich ja, sieht einfach besser aus. Dann nochmal in die Heimwerker-Bude um mehr Nadelleiste für die Kopfenden zu bekommen, denn die LED-Streifen wirken sehr hässlich, wenn sie nicht wenigstens etwas von einer vorspringenden Kante verdeckt werden. Ich hatte genug Baumarkt für 2020, believe me.

Mit allem Ungemach versöhnt mich aber folgendes Wunder: Der Tisch steht fest und gerade. (!!!) Als ich heute morgen den Korpus vom Gesicht auf die Füße stellte (ich kann das Möbelstück immer noch mit einiger Mühe wuchten, ewig gelobt sei das Echtholz), und feststellte, dass das Ding stabil steht und nahezu im Wasser, habe ich wohl einige Sekunden die Kontrolle verloren. Im Radio liefen die Arctic Monkeys mit „Do I wanna know“ und ich erwischte mich dabei dass ich mit dem debilen Grinsen eines langjährigen Meth-Süchtigen eine Art hüftzentrierten Indianertanz aufführte und jubilierte, ganz ähnlich dem Tanz, den Fußballspieler präsentieren, wenn sie eine Ecke verwirklichen, also kurz: peinlicher Mann bricht in peinliche Selbstbegeisterung aus, aufgrund eines welthistorisch insignifikantem Nebenerfolgs.

Aber trotzdem.

Das nenne ich mal eine Verbindung!

Ein bisschen stolz bin ich auf meine Verbindung zwischen Rahmen und Füßen, denn im Vorfeld wurde mir gesagt, dass wirklich Anspruchsvolle bei einem Tisch sei es, die Beine so stabil zu befestigen, dass der Tisch nicht wackelt. Meine Tischbeine sind von drei Seiten eingekeilt und auf der vierten mit Schlossschrauben festgezogen, so dass nur die Elastizität des Holzes ein wenig wackeln könnte. Bombenfest – Mission accomplished.

Natürlich gingen auch wieder Dinge furchbar schief: Beim Bohren der richtig fetten Schraubenlöcher habe ich bei einem Bein nicht nur das als Unterlage dienende Restbrett durchlöchert sondern auch 3 Millimeter vom Tisch. Dem heiligen Ponal sei Dank nur ins untere Ablagebrett auf der Unterseite, Heißkleb rein, glatt hobeln, Farbe drüber. Dennoch: Ich Idiot. Natürlich brauchte ich zwei Beine Übung, um mir eine Technik auszudenken, mit der die Bohrlöcher nur-noch-ein-kleines-bisschen aussreißen, so dass die Misere unterm Schraubenkopf verschwindet. Natürlich liegen die Abdeckplatten nicht gerade, auch wenn ich mit Klebefilzchen das Gewackel einigermaßen beseitigt habe, ist die Oberfläche etwas … kantig.

Sonntag Morgen: der Tisch steht. Sogar gerade.

Natürlich hätte ich auf die Stimmen aus dem internet hören sollen, die mir prophezeiten, dass diese billigen LED-Streifen aus China nicht auf Holzoberflächen kleben bleiben. Aber Holzleim wirkte an kritschen Stellen bei dem Diodenband-Gefummel offensichtlich wahre Wunder (Bis jetzt. Bis sie mir in zwei Wochen entgegenkommen. Dann fluche ich Dinge, bei denen meine Gangster-Rap-Schüler verstört erröten würden, reiße den Rotz raus, schleife fluchend, lackiere neu, kaufe mir was Teures und installiere das). Aber das Licht ist drin, man kann es ansteuern, es macht bunt und läuft über einen USB-Anschluss.

Und natürlich gibt es Unebenheiten und Macken, Astlöcher und Sägerillen (die alle nicht meine Schuld sind, außer, dass ich Scheißholz im Baumarkt kaufe), die beim näheren Hinsehen … keine Class-A-Surface bilden. Hätte ich mir einfach für 1500 Tacken einen Gaming-Tisch im Netz gekauft, dann sähe das alles schöner aus.

Aber es wäre nicht MEINTISCH(TM).

Es mag an den ungewohnten drei Fingern Whiskey auf nüchternen Magen liegen, aber ich bin gerade sehr happy. So wie Tom Hanks in „Castaway“, nachdem er Feuer gemacht hat. Natürlich ist der Tisch nur g r u n d s ä t z l i c h fertig. Aber: I did it. My way. Und das kann man sehen.

Mit Abdeckung. Lack glänzt. Nice.

(Still) To Do:

a.) Zurückeroberung des Wohnzimmers, 1700 Werkzeuge, die ich irgendwo herausgezogen habe, wieder aufräumen, völlig verspackte Folien grob säubern, drei Eimer Sägemehl und Schleifstaub aufkehren, den alten abgeschrappelten Ikea-Tisch loswerden.

b.) Wohnungsputz. Gründlich. Kotz.

Heute ist Sonntag.

c.) Kleine Einbau-Lautsprecher kaufen und installieren, den Mini-Verstärker mit Bluetooth, Klinke und USB-Soundeingang habe ich schon. Kabel verlegen. Stromanschluss so planen, dass das Möbelstück schnell „eingesteckt“ ist und es trotzdem nicht völlig Scheiße aussieht. Kabelklemmen kaufen – wo? Mal wieder Baumarkt. Allmählich duzen mich die Angestellten.

d.) Material für Innenmatte finden, und zwar in grün. Zuschneiden und einbauen, und zwar gerade, wird bei mir ziemlich sicher nicht klappen. Kleben? Beschlagnägel? Nur einlegen? KP.

Aber heute … heute ist Sonntag.

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5 Kommentare

  1. Oh Mann, was für ein Abenteuer! Ich find das aber super, sieht doch aus, als ob es alles einigermaßen klappen würde trotz der Widrigkeiten … ich hätte vermutlich schon bei der Planung aufgegeben! ^^ Viel Erfolg weiter!

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